Tatiana
Timkova

Werdegang

Während eines Aufenthaltes auf der anderen Seite des Ozeans wurde meine ewige Fragerei nach meiner Nationalität eines Tages von einer mexikanischen „Señora“ ein für alle Mal beantwortet, als sie rief: „Mira, una chica europea!“ (Schau, Mira, eine Europäerin!). Mir wurde klar, dass ich mich von nun an als Europäische Staatsbürgerin bezeichnen konnte …

Meine Geschichte begann jedoch ganz anders, nämlich mit einer Kindheit, die ich eingesperrt in der kommunistischen Tschechoslowakei verbrachte. Und zwar mit allen Vorteilen des Regimes: Lenin anstelle von Rockstars, endlose Warteschlangen, um in einem Geschäft etwas kaufen zu können oder die besondere Aufmerksamkeit des KGB gegenüber meiner Familie, weil sie sich weigerte, mit dem Regime zusammenzuarbeiten. 

Nachdem die elektrischen Zäune abgeschaltet waren, änderte sich alles. Ohne zu ahnen, dass ich damit ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlagen würde, bewarb ich mich für ein Stipendium der französischen Regierung.

Der Plan, den meine Familie für mich hegte, war eine diplomatische Karriere, also machte ich in Frankreich  den erforderlichen Masterabschluss. Doch wie sollte ich den künstlerischen Verlockungen in den Straßen von Paris widerstehen?

Nach Flirts mit der Mode (Institut de la Mode de Paris), dem Design (Ècole Duperré) und dem Flamenco (Yalda Younes, Academia de flamenco de Christina Herrera de Séville) wurde eines Tages klar: Das, was ich wirklich machen wollte, war, zu meiner Leidenschaft während meiner Kindheit zurückzukehren – dem Theater.

So nahm ich meine Tournee in den Pariser Schulen für Theater und Kino auf. Dort entdeckte  ich vielfältige Methoden: klassische, zeitgenössische, russische, amerikanische und zum krönenden Abschluss das Kino.

Eines Tages wohne ich einem Schauspiel in Mister Bouffe  bei, das mich verblüfft: Es ist so völlig anders als alles, was ich bisher gesehen hatte. Da waren Masken, Körperausdruck, italienischer Humor, Gesang und Tanz. Kurzum alles, was ich liebe! Es war meine Liebe auf den ersten Blick mit der Commedia dell‘Arte.

Ein dickes Dankeschön gilt den künstlerischen Leitern Gilbert Bourebia der Compagnie Mystère Bouffe und Allessandro Nardini vom Theater Junghans in Venedig, dass sie mich in dieser Schauspielkunst ausbildeten. Ein weiteres großes Dankeschön geht an alle Künstler und Künstlerinnen, mit denen ich das Glück hatte zusammenzuarbeiten und die mich in meiner Arbeit inspirierten.

Neben meinem darstellerischen und filmischen Schaffen bildete ich mich weiter im Unterrichten sowie in der Regie, beide im sozialen Bereich, im Bildungswesen und in Unternehmen, sowie im Erlernen von Sprachen. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise und meiner Erfahrung sind Kurse, die auf fundiertem pädagogischem Wissen basieren und zahlreiche Schauspieltechniken miteinschließt, welche ich in der Zusammenarbeit mit vielen internationalen Künstlern erworben habe.

Dann, nachdem ich zwanzig immens bereichernde Jahre in Frankreich gelebt habe, sitze ich nun an Bord eines TGV in Richtung München. Damit beginnt die dritte Etappe meines Lebens. Nach einer Zeit voller Sehnsucht zurück nach Paris und der Welt des französischen Theaters, macht es in mir Klick! Ich habe ja schon alle Schlüssel in der Hand: Indem ich mein Wissen und mein Können weitergebe, bringe ich dieses ganze Universum nach München. Aus diesem Prozess ist die Theatergruppe Omniglotti hervorgegangen.